Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes besuchten im Schuljahr 2018/2019 rund eine Million Kinder und Jugendliche eine Privatschule. Die Popularität dieser Schulform stieg im Laufe der Zeit weiter an – ebenso die Anzahl. Zwischen 1992 und 1993 gab es in Deutschland knapp 3.200 private Schulen, 2020 mehr als 5.800. Doch sind sie für Eltern und Kinder die bessere Wahl und bieten öffentliche Schulen mehr Vorteile?
Was ist eine Privatschule und wie unterscheidet sie sich von der staatlichen Alternative?
Neigt sich die Kindergartenzeit des Nachwuchses dem Ende zu, steht die Frage nach dessen schulischer Zukunft im Raum. Gewöhnlich gehen Kinder mit sechs oder sieben Jahren auf die staatliche Grundschule, in deren Einzugsgebiet sie wohnen. Doch was geschieht, wenn sich die Familie dagegen sträubt?
Alternativen zur öffentlichen Schule sind Bildungsstätten in freier Trägerschaft, die Privatschulen. Als Träger kommen infrage:
- Organisationen
- Vereine
- Unternehmen
- Kirchen
- Privatpersonen
Private Schulen ersetzen öffentliche Bildungseinrichtungen, sodass sie Ersatzschulen heißen. Im allgemeinbildenden Bereich unterscheiden sich:
- Grundschulen
- Realschulen
- Gymnasien
- Hauptschulen
- Sekundarschulen
Ebenso existieren in Deutschland Gesamtschulen und Förderschulen in privater Hand.
Damit der Staat eine Privatschule offiziell als Schule anerkennt, erfüllt die Bildungsstätte mehrere Voraussetzungen. Sie führt einen Unterricht in mehreren Fächern durch, wobei auch allgemeinbildende Themen im Fokus stehen. Zusätzlich lernen die Schüler gemeinsam, was eine Klassengröße von mindestens vier Schülern erfordert.
Welche Arten von privaten Schulen unterscheiden sich?
Im Gegensatz zu öffentlichen Schulen, die der Staat mit Steuermitteln finanziert, übernehmen dies bei Privatschulen die jeweiligen Träger. Trotz staatlicher Unterstützung gelingt es ihnen oft nicht, sämtliche Kosten zu decken. Daher zahlen die Eltern, deren Nachwuchs eine Privatschule besucht, ein Schulgeld.
INFO: Obgleich private Schulen in freier Trägerschaft sind, befinden sich die Bildungseinrichtungen unter staatlicher Aufsicht und besitzen den öffentlich-rechtlichen Status.
Bei privaten Schulen unterscheiden sich zwei Varianten. Einerseits ersetzen die Ersatzschulen die staatliche Schule in allen Belangen. Die Kinder kommen mit den gleichen Lerninhalten in Kontakt und erhalten identische Abschlüsse. Der Unterschied zwischen Ersatzschule und öffentlicher Schule besteht in den Lernformen und -methoden.
Andererseits stehen Ergänzungsschulen zur Auswahl. Sie bieten Lerninhalte und Abschlüsse, die Kinder und Jugendliche an öffentlichen Schulen nicht erhalten. Im Gegensatz zu Ersatzschulen entfällt bei dieser Schulform die finanzielle Unterstützung durch den Staat. Stattdessen finanzieren sich die Bildungseinrichtungen komplett durch das Schulgeld.
Ein weiterer Unterschied: Da Ergänzungsschulen keine staatlich anerkannten Abschlüsse anbieten, müssen diese extern nachgeholt werden. Aufgrund der deutlichen Abweichung zur öffentlichen Schule schließt unser weiterer Vergleich die Ergänzungsschulen aus.
Gravierende Unterschiede zwischen Schule und Ersatzschule: der Schulsprengel
Das Grundgesetz regelt in Artikel 7 die Schulpflicht in Deutschland. Die erste Schule, die Kinder verpflichtend besuchen, ist die Grundschule im jeweiligen Schulbezirk. Denn bei öffentlichen Schulen entscheidet das Sprengelprinzip, in welche Bildungsstätte der Nachwuchs kommt.
Hinter dem Schulsprengel verbirgt sich der Schulbezirk, ein örtlich definiertes Einzugsgebiet. Über dieses entscheiden die Schulämter oder die zuständigen Bezirksregierungen. Der Sinn dahinter: Schulen ausreichend Kapazität an Schülern verschaffen und Kindern eine zumutbare Erreichbarkeit ihrer Bildungsstätte ermöglichen.
In der Mehrzahl der Bundesländer existiert die Sprengelpflicht ausschließlich bei den Grundschulen. Ausnahmen bilden Hamburg und Nordrhein-Westfalen. Hier profitieren die Eltern bereits bei der Grundschulwahl von individueller Entscheidungsgewalt. Bei privaten Schulen existiert kein Schulsprengel.
Weitere Unterschiede zwischen den Schulvarianten
Neben den Regelungen der Schulauswahl sowie der Finanzierung unterscheiden sich bei öffentlichen und Privatschulen:
- Klassengröße
- Auswahlverfahren
- Lernmethoden
- Auswahl des Lehrpersonals
Im Vergleich zu staatlichen Schulen befinden sich in den Klassen privater Schulen meist weniger Schüler. Manche Kinder nehmen an einem Auswahlverfahren teil, bevor die gewählte Privatschule sie annimmt.
Öffentliche Schulen unterliegen den Lehrplänen, die die Kultusministerien der Bundesländer abhängig von der Schulform erlassen. Obgleich Ersatzschulen den Landesgesetzen unterstehen, sind sie nicht an staatliche Lehrpläne gebunden.
Bei staatlichen Schulen funktioniert die Lehrerauswahl per Zuweisung über eine zentrale Stelle. Dagegen wählen Privatschulen ihr Lehrpersonal selbstständig aus.
Was spricht für eine private Schule?
Eltern schätzen an Privatschulen hauptsächlich die kleineren Klassen und die freien Lernmethoden. In der Mehrzahl der Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft sitzen in einer Klasse maximal 20 Schüler. Das gibt den Lehrkräften mehr Zeit und Möglichkeiten der individuellen Schülerbetreuung.
Während in öffentlichen Schulen der Frontalunterricht vorherrscht, konzentrieren sich viele Ersatzschulen auf das individuelle Lernen sowie auf Gruppenprojekte. Aufgrund der privaten Trägerschaft und des Schulgelds verfügen viele Privatschulen über modernere Lehrmittel als die staatlichen Pendants.
Ein weiterer Punkt, der für private Bildungsstätten spricht, besteht im sorgfältig ausgewähltem Lehrpersonal. Privatschulen suchen sich ihre Lehrkräfte gezielt aus und bieten ihnen im Vergleich zu öffentlichen Schulen mehrere Vorteile:
- ein stressfreieres Arbeitsumfeld durch kleinere Klassen
- bezahlte Überstunden
- gleiche oder höhere Durchschnittslöhne
- freie Entfaltung durch alternative Lernkonzepte
Dank dieser positiven Aspekte sind Unterrichtsausfälle an Ersatzschulen geringer als an öffentlichen Bildungseinrichtungen.
Was spricht gegen eine private Schule?
Bei der Vielzahl privater Schulen in Deutschland handelt es sich um Bildungsstätten in kirchlicher Trägerschaft. Neben den katholischen und evangelischen Privatschulen existieren:
- Waldorf-Schulen
- Montessori-Schulen
- Freinet-Schulen
Die meisten dieser Schulen verlangen von den Familien, deren Kinder sie betreuen, ein Schulgeld. Laut dem Statistischen Bundesamt bezahlten Eltern 2020 durchschnittlich 2.000 Euro im Jahr.
Die Höhe des Schulgelds führt dazu, dass hauptsächlich wohlhabende Familien ihre Kinder auf private Schulen schicken. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fand heraus, dass die Schüler in Ersatzschulen überdurchschnittlich oft aus Akademikerfamilien stammen.
Durch die engmaschigere Betreuung an privaten Schulen unterliegen die Kinder teils strengeren Regeln. Ob diese Schuluniformen oder eine allgemeine Kleiderordnung einschließen, unterscheidet sich abhängig der jeweiligen Bildungseinrichtung.
Durch die Lernmethoden, die oft individuelles Schülerengagement erfordern, können sich Kinder an Privatschulen unwohl oder überfordert fühlen. Ein vorrangig organisatorischer Nachteil für Eltern kann in der starken Einbindung in den Schulalltag bestehen – in Form von regelmäßiger Elternarbeit.
Private oder öffentliche Schule – was ist die bessere Wahl?
Eine pauschale Antwort auf die Frage, welche Schulart sich für den Nachwuchs eignet, existiert nicht. Beide Varianten – öffentliche und private Schule – weisen Vor- und Nachteile auf. Den Eltern obliegt es, diese positiven und negativen Aspekte gegeneinander abzuwägen und dabei die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes zu berücksichtigen
Liegt das Hauptaugenmerk auf bestimmten Lernkonzepten oder Erziehungsprägungen, kommt eine Privatschule für den Nachwuchs infrage. Scheuen Familien die hohen Schulgelder, melden diese ihr Kind in einer öffentlichen Schule an.
Quellen:
Alicia. (2022, December 15). Privatschule – Kosten, Vorteile, Nachteile & Voraussetzungen. StudySmarter. https://www.studysmarter.de/magazine/privatschule-kosten-vorteile-nachteile/ (abgerufen am 12.02.2024)
Art 7 GG – Einzelnorm. (n.d.). https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_7.html (abgerufen am 12.02.2024)