Familienstreit? .. Eine nüchterne Betrachtung
Wir streiten uns nicht. Vielleicht hat der eine oder andere diese Behauptung schon einmal gehört. Wir können euch an dieser Stelle versichern. Das ist vollkommen falsch. Streit gibt es in den besten Familien. Das sagt schon ein althergebrachtes Sprichwort. Es geht also nicht darum, Streitsituationen zu vermeiden und aus unserem Leben zu streichen, sondern vielmehr diese mit Liebe und Verständnis zu versetzen. So nehmen auch unsere Kinder aus einem Streit etwas mit. Im folgenden geht es um ein paar Grundregeln und Prinzipien, die bei einem Streit in der Familie Meinungsverschiedenheiten aufklären und zu Kompromissen führen.
Streit ist nicht gleich Streit
Ist jeder Streit in der Familie gleich?
Zunächst wollen wir den Streit in der Familie nicht über einen Kamm scheren. Er ist so individuell, wie die Meinung eines jeden Familienmitglieds. Zumeist handelt es sich um Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, die sich in Bezug auf den Alltag, auf die Partnerschaft oder die Familie ergeben. Vielfach kommt es zu einem Streit, wenn es um Erziehungsfragen geht. Ziehen beide nicht an einem Strang und fühlt sich der andere zurückgesetzt, kann dies nicht nur zu Problemen führen, sondern bald eine Diskussion nach sich ziehen. Andere Streitsituationen legen ihren Fokus auf die Beziehung von Mama und Papa.
Wie Kinder unter dem Streit der Eltern leiden
Leidtragende in ungeklärten Streitsituationen sind in jedem Fall die Kinder, die unbeteiligt die Meinungsverschiedenheiten und unschönen Situationen zwischen den Eltern beobachten. Viele Eltern versuchen, den Streit vor ihren Kindern zu verbergen. Dabei sollten wir auf keinen Fall die Feinfühligkeit und die sensiblen Antennen unserer Kinder unterschätzen.
Sie bekommen mit, wenn etwas zwischen Mama und Papa nicht in Ordnung ist. Viele Kinder haben sogar Angst davor, die Eltern könnten mit dem Streit auseinandergehen. Außerdem erkennen sie in Streitsituationen Mama und Papa oftmals nicht wieder und können ihre Handlungsweisen nicht nachvollziehen. Schließlich verhalten sich Papa und Mama im Streit in der Familie vollkommen anders – als es sonst der Fall ist.
Wann lernen Kinder etwas aus dem Streit in der Familie?
Tatsächlich gibt es einen Streit in der Familie, aus denen Kinder etwas mitnehmen. Ein Kind nimmt unmittelbar in den eigenen Erfahrungsschatz auf, dass es vollkommen normal ist, einen Standpunkt zu vertreten und die Gefühle gegenüber anderen zu äußern. Das ist immer nur dann der Fall, wenn für eine Meinungsverschiedenheit oder einen Streit am Ende eine Lösung gefunden wird.
Der obligatorische Familienteppich, unter denen alle Streitsituationen vergraben werden, ist destruktiv und macht den Streit zu einem roten Tuch für die kleinsten Familienmitglieder.
Was ist bei einem Familienstreit tabu?
Beleidigungen oder herablassende Äußerungen haben im Streit in der Familie nichts zu suchen. Hier sollten wir Eltern uns unbedingt an die eigene Nase fassen, wenn wir zu flapsig mit unserem Sprachgebrauch umgehen. Schließlich haben wir immer noch eine Vorbildfunktion, wenn es um unseren Sprachgebrauch im Alltag, im Streit und in der Familie geht. Kinder imitieren das Verhalten und die Ausdrucksweise der Eltern. Wir bleiben die großen Vorbilder.
Regeln und Leitfaden für einen konstruktiven Streit in der Familie
Der Streit in der Familie kann sich auf die Kinder übertragen. Nicht immer strahlt ein ungetrübter Sonnenschein über das Familienleben. In einigen Situationen fühlen sich die Kinder ungerecht behandelt und machen ihrer Frustration Luft. Vor der einsetzenden Pubertät und einer schweren Zeit für die ganze Familie gibt es vereinzelte Situationen, in denen sich alle Familienmitglieder an einen Tisch setzen, um den Streit aufzuklären.
Wir wollen dies zum Anlass nehmen, euch ein paar Tipps und Regeln zu geben, die ihr beim nächsten Streit in der Familie anwendet:
- Jeder darf seinen Standpunkt und seine Meinung äußern.
- Der Sprecher darf bei seiner Äußerung niemals unterbrochen werden.
- Stellt ein Familienmitglied eine Frage, folgt eine Antwort und keine Ausflüchte.
- Ein Streit in der Familie basiert auf den Familienregeln.
- Entschuldigt sich ein Familienmitglied, darf der Streit nicht immer wieder neu entfacht werden.
- Am Ende der Streitsituation steht eine Lösung oder ein Kompromiss.
- Jedes Familienmitglied ist bereit, auf den anderen zuzugehen.
- Wir sprechen ruhig und deutlich.
- Wir verwenden keine Beleidigungen oder Schimpfworte.
Aus den jeweiligen Streitprinzipien und Regeln nehmen die Kinder etwas für den Alltag und ihren sozialen Fertigkeiten mit. Das kommt Kindern im Umgang mit anderen Erwachsenen, Erziehern und Kindern zugute. Sie wissen, dass ein Streit eine Möglichkeit ist, die eigene Position zu vertreten und daraufhin eine gemeinsame Lösung zu finden.
Wer einem anderen verzeiht, heißt niemals eine Situation oder eine Entscheidung gut. So ist die Versöhnung keine Lösung oder kein Ende, an dem steht: Es war schon in Ordnung, wie du dich verhalten hast. Ein Verzeihen und eine Entschuldigung lösen einen Streit, selbst wenn ein Familienmitglied eine Kränkung erfahren hat. Dabei stehen die Familienmitglieder, die gekränkt worden, in der Pflicht die Lösung anzugehen. Andernfalls würden sie immer wieder mit neuen Vorwürfen auf den anderen zugehen.
Streit in der Familie: Wenn Papa keine Zeit für die Kinder hat!
Gerade wenn Papas über sehr lange Zeit außer Haus sind und sich berufsbedingt nicht sehr oft um ihre Kinder kümmern können, sind Streitsituationen vorprogrammiert. Vielleicht fühlen sich Kinder in manchen Situationen sogar vernachlässigt und äußern ihren Unwillen in Kränkungen, um eine Reaktion vom Papa zu provozieren. Hier sollten wir als Eltern das Fingerspitzengefühl mitbringen, um kindgerecht und sinnvoll auf die Überreaktionen einzugehen.
Vielleicht ist es an der Zeit, sich mit der ganzen Familie an einen Tisch zu setzen, um eine Lösung zu finden, mit der jeder zufrieden ist. Gemeinsame Familienzeit, in der alle zusammenfinden und ohne Arbeit, Alltagsstress und Druck ihre Freizeit verbringen, bilden einen ersten Ansatz.
Wenn das Gute siegt und du verzeihst, musst du dazu übergehen, deine alten Denkmuster zu durchbrechen. Andernfalls dominieren die negativen Situationen und Erinnerungen, auf denen sich zukünftige Erfahrungen fokussieren. Unser Gehirn ist genauso geschaltet. Das es dann das eigentlich Positive in der Zukunft gar nicht mehr wahrnimmt. Es ist an der Zeit, aufeinander zuzugehen, Lösungen und Kompromisse zu finden und in einem Streit vernünftig und aus dem Bauch heraus zu agieren. In einigen Fällen ist es nicht damit getan, sich zu entschuldigen. Eine Wiedergutmachung und eine direkte Handlung in der Familie sind oftmals die Lösung von langjährigen Problemen.