Pubertätsstart bei Jungen unter 8 Jahren
Eben noch waren Sandkasten und Trickfilme angesagt, jetzt erwacht das Interesse an Haargel, den neusten Sneakers und irgendwie sind Mädchen zwar doof, aber mit manchen redet man ganz gern und wird dabei ein bisschen schüchtern. Solche Verhaltensänderungen sind Zeichen der Vorpubertät und treten eigentlich erst ab circa acht Jahren auf. Eine frühe Pubertät kommt jedoch vor und verunsichert Eltern. Wie gehst Du damit um, wenn Dein Junge schon zwischen sechs und acht Jahren pubertiert?
Pubertät bei Jungen
- jedes Kind entwickelt sich individuell, doch ein Pubertätsbeginn vor dem achten Lebensjahr gilt als früh
- im Alltag lassen sich seelische und körperliche Veränderungen erkennen
- ein Gang zum Kinderarzt bringt die Sicherheit, dass keine Krankheit zugrunde liegt
- in seltenen Fällen ist eine Hormontherapie sinnvoll
- als Vater musst Du Deinem Sohn nun besonders gut zur Seite stehen
Den „normalen“ Pubertätsstart gibt es nicht
Natürlich bist Du etwas geschockt, wenn Dein Junge gefühlt von einem auf den anderen Tag sein Verhalten ändert und aus dem kleinen Kind ein langsam aufbegehrender Jugendlicher wird. Die meisten Jungen treten ab dem achten Lebensjahr in die Vorpubertät ein, weshalb alles davor als frühe Pubertät bezeichnet wird.
Bei diesen Einordnungen handelt es sich jedoch nur um Orientierungshilfen! Jeder Mensch hat seinen ganz individuellen Fahrplan. Das lernen viele Eltern bereits in der Säuglings- und Kleinkindphase ihres Nachwuchses, denn die einen Kinder entwickeln sich schneller als die anderen. Das ist in den meisten Fällen kein Grund zur Sorge und auch eine frühe Pubertät muss kein Weltuntergang sein. Ein Gang zum Arzt, um Beruhigung zu haben, ist jedoch jederzeit möglich.
„Es ist immer ratsam, alle U-Untersuchungen beim Kinderarzt wahrzunehmen. Dabei kannst Du auch Bedenken bezüglich einer frühen Pubertät ansprechen.“
In der großen Mehrheit der Fälle wird der Kinderarzt Dir mitteilen, dass die Reifung bei Deinem Kind vielleicht etwas früher als beim Durchschnitt beginnt, Du Dir über die Gesundheit jedoch wenig Sorgen machen musst.
Woran erkennt man eine frühe Pubertät?
Es gibt eine Reihe von Merkmalen, die darauf hindeuten, dass der Körper sich bereits mit sechs bis acht Jahren auf die Geschlechtsreife einstellt. Du kannst im Alltag auf folgende körperlichen Veränderungen achten, die nicht zwingend alle gleichzeitig kommen:
- Es bildet sich der erste Flaum an Kinn und Halsansatz
- Schambehaarung beginnt zu wachsen
- Das Volumen der Hoden nimmt rasant zu
- Der Junge hat ein überdurchschnittliches Längenwachstum
- Es zeigt sich der erste Schweißgeruch
- Pickel treten im Gesicht auf
Neben diesen körperlichen Aspekten gibt es auch eine ganze Reihe an Verhaltensveränderungen. Diese treten bei den meisten Kindern ab dem achten Lebensjahr auf und läuten die Vorpubertät ein. Wie unterschiedlich sich der Startschuss zum Erwachsenwerden im Verhalten zeigt, fällt hier noch deutlicher auf. Die Charakterbildung ist bei jedem Menschen extrem individuell. Einige Anzeichen, denen viele Eltern begegnen:
- Bislang akzeptierte Regeln werden hinterfragt
- Privatsphäre wird plötzlich wichtig (etwa die geschlossene Badezimmertür)
- Es gibt Tobsuchtsanfälle und Raufereien
- Freunde werden wichtiger als die Eltern
- Bewegung wird vielen wichtig und ruhiges Sitzen wirkt wie eine Strafe
- Oft gibt es einen Leistungsknick in der Grundschule
Gut zu wissen: Zeigt Dein Junge nur anderes Verhalten, doch die körperlichen Veränderungen bleiben noch aus, muss es nicht zwingend eine frühe Pubertät sein. Die Vorpubertät beginnt sprichwörtlich im Kopf und verändert zuerst das Verhalten.
Nur wenn auch Dinge wie Hodenwachstum und Bartwuchs vor dem neunten Lebensjahr auftauchen, ist es eine frühe Pubertät.
Wie kann der Kinderarzt den Jungen untersuchen?
Entscheidest Du Dich mit Deinem Kind zum Arzt zu gehen, kann dieser durch verschiedene Untersuchungen und eine kindgerechte Befragungen herausfinden, ob eine frühe Pubertät eingetreten ist. Ist dem so, wird er die Diagnose „Pubertas praecox“ stellen. Das ist nichts anderes als der Fachbegriff für genau das, was ihr beobachtet habt.
1. Im ersten Schritt werden Eltern und Kind immer befragt
Bei dieser Anamnese klärt der Kinderarzt die näheren Umstände zur frühen Pubertät ab. Manchmal möchte ein Junge auch nur mit Papa allein und nicht mit der Mutter zum Arztgespräch. Das sollte auf jeden Fall respektiert werden, denn als „kleiner Mann“ empfindet er vielleicht Scham bei manchen Themen.
2. Der Kinderarzt
führt nach der Anamnese eine kurze körperliche Untersuchung durch
Gemeinsam mit den Fakten aus dem Gespräch lässt sich häufig nun bereits sagen, ob die Pubertät sehr früh begonnen hat.
3. Eine Blutanalyse wird angefertigt
Es ist möglich, eine Blutprobe zu nehmen und über den Hormonstatus herauszufinden, wie hoch die Konzentration der Geschlechtshormone ist. Manchmal lassen sich in den Proben auch Hinweise auf krankhafte Veränderungen wie Krebs feststellen. In der Mehrheit der Fälle ist dem jedoch nicht so!
4. Bildgebende Verfahren
Kam es in jüngster Vergangenheit zu einem Unfall, bei dem Dein Junge sich am Kopf verletzt hat, kann der Kinderarzt auch anregen, mittels Röntgen oder auch CT und MRT den Schädel und das Gehirn zu untersuchen. Es besteht zumindest statistisch die Möglichkeit, dass eine Verletzung oder auch eine Entzündung das Gehirn zu einer verfrühten Ausschüttung der Geschlechtshormone veranlasst hat.
Was kann der Kinderarzt machen?
Eine frühe Pubertät ohne eine zugrundeliegende Erkrankung muss meist nicht behandelt werden. Nur in Ausnahmefällen ist eine Hormontherapie angemessen. Dabei bekommt ein Junge spezielle Medikamente, die dafür sorgen, dass die Geschlechtshormone noch nicht in großer Zahl produziert werden.
So kann die Pubertät für einige Monate quasi „auf Eis“ gelegt werden. Nach Beendigung der Therapie nimmt das Gehirn wieder seine Hormonproduktion auf und das Erwachsenwerden geht weiter. Nun ist das Kind auf einem ähnlichen Stand wie seine Altersgenossen.
Da Medikamente immer einen Eingriff in die natürlichen Abläufe des Körpers bedeuten, sollte die Entscheidung zum Therapiestart nicht leichtfertig getroffen werden. Am besten ist es, eine Zweitmeinung einzuholen und sich eingehend über mögliche Risiken informieren zu lassen. Der Nutzen sollte größer als der eventuelle Schaden sein.
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Der Papa als wichtige Stütze
Unabhängig davon, ob die frühe Pubertät mit einer Therapie gelenkt wird oder nicht: Du bist als Vater nun noch wichtiger für Deinen Sohn. Du bist sein Rollenbild dafür, wie ein Mann ist und er wird sich bewusst oder unbewusst an Dir orientieren.
Durch eine frühe Pubertät verändert sich Dein Sohn schneller als seine gleichaltrigen Freunde, was ihn sehr verunsichern kann. Du solltest ihm daher eine emotionale Stütze sein und für alle Alltagsprobleme ein offenes Ohr haben. Vermittle ihm, dass er keine Angst vor den Veränderungen haben muss und sie normal sind. Sage ihm auch, dass die anderen Kinder diese ebenfalls erleben werden, nur etwas später.
„Es ist wichtig, dass Dein Junge sich als normal erfährt!“
Genau wie andere Kinder in der Pubertät wird Dein Sohn vermutlich anfangen, gegen familiäre Regeln aufzubegehren. Es gehört zur Unterstützung, dass Du ihm liebevoll aber bestimmt seine Grenzen aufzeigst. Es ist wichtig für Jungen, ihren Platz in einer Gruppe zu finden. Zu wissen, dass Du weiterhin „der Chef“ bist, gibt Sicherheit – auch wenn Dein Kind das nicht immer zeigen wird.
Quellen und Wissenswertes
- Rainer Silbereisen u. a. (Hrsg.): Entwicklungspsychologie des Jugendalters (Enzyklopädie der Psychologie.Serie V: Entwicklungspsychologie. Band 5). Hogrefe, Göttingen 2008,
- SWR3 DIe Pubertät beginnt immer früher mehr↑