Warum Kinder unter Stimmungsschwankungen leiden, erklärt uns die Kinderärztin

Stimmungsschwankungen bei Kindern

Selbstzweifel, Launen und Frustation – Eine ganz normale Kinderentwicklung bedingt Stimmungsschwankungen in verschiedenen Phase. In manchen Fällen sind sie aber auch ein Hinweis auf ein ernsthaftes Problem oder eine Erkrankung. Dieser Ratgeber zeigt Zusammenhänge auf und gibt Dir Gedankenanstöße für Eure Situation.

Stimmungsschwankungen bei Kindern
Freude, Entäuschung und Frustation – Stimmungsschwankungen bei Kindern – Copyright: malija bigstockphoto, Netpapa.de

Wenn die Gefühle Deines Kindes Achterbahn fahren

Autorin: Jessica Kilonzo, Fachärztin für Kinderheilkunde

„Es ist nur eine Phase!“, ist ein beliebtes Mantra für gestresste Eltern. Der Nachwuchs hat gerade noch fröhlich mit der Autorennbahn gespielt, nur um bei der freundlichen Aufforderung zum Abendessen in bühnenreif dramatisches Geheul auszubrechen. Fühlst auch Du Dich manchmal, als ob Dein Kind jede fünf Minuten seine Laune ändert? Stimmungsschwankungen bei Kindern können ganz normal sein.

Es ist nicht einfach ein Kind zu sein. Schon Säuglinge geraten immer wieder an die Grenzen ihrer Frustrationstoleranz. Kleinkinder bekommen Wutausbrüche oder zeigen Ihre Frustation durch andere körperliche Aggressionen, Sie entwickeln sich jeden Tag weiter, können Ihre Gefühle nocht nicht richtig artikulieren und verlieren rasch die Geduld, wenn sie eine geplante Aktion nicht wie gewünscht umsetzen können. Die Geburt eines Geschwisterchens bedeutet Stress, ein Umzug oder der Schulbeginn ebenfalls.

Kinder reagieren auf diesen Stress häufig mit Stimmungsschwankungen. Solange sich aus diesen Situationen keine dauerhaften Probleme für das Seelenleben des Kindes oder das Familienleben allgemein entwickeln, haben die Stimmungsschwankungen keinen Krankheitswert. Sie gehören zum Leben und zu einer gesunden Entwicklung Deiner Tochter oder Deines Sohnes dazu. In der Pubertät wird von den Jugendlichen geradezu erwartet, hormonell bedingte Stimmungsschwankungen zu präsentieren. Du wirst zunächst selbst lernen, damit umzugehen. Je ruhiger Du bleibst, desto sicherer fühlt sich Dein Kind und desto schneller kann es sich auch wieder entspannen.

Typische Symptome für Stimmungsschwankungen bei Kindern

Viele verschiedene Verhaltensweisen drücken Stimmungsschwankungen im Kindesalter aus. Typisch sind zum Beispiel:

  •  Traurigkeit
  •  Angst
  •  Zurückgezogenheit
  •  Hilflosigkeit
  •  Weinen
  •  Trotz
  •  Unruhe
  •  Aggression
  •  Schlafstörungen
  •  Appetitmangel
  •  Erneutes Einnässen und Einkoten, nachdem das Kind schon trocken und sauber war.

Kinderärzte ordnen all diese Verhaltensweisen aber erst als krankhaft ein, wenn sie langfristig und so massiv auftreten, dass ein deutlicher Leidensdruck bei dem betroffenen Kind und seiner Familie besteht.

Welche Erkrankungen hinter Stimmungsschwankungen bei Kindern stecken können

Leichte bis mittlere Stimmungsschwankungen gehören bei vielen Kindern zu einer normalen Entwicklung dazu. Massive Symptome können von folgenden Krankheitsbildern ausgelöst werden:

  •  Manische und bipolare affektive Störungen (manisch-depressive Erkrankung)
  •  Depression
  •  Schizophrenie
  •  Schädigung des Gehirns durch Krankheit (Tumor) oder Unfall
  •  Schilddrüsenerkrankungen
  •  Anpassungsstörung durch Belastungssituation
  •  Persönlichkeitsstörungen
  •  Hyperkinetische Störungen (ADHS)
  •  Angststörungen
  •  Bindungsstörungen
  •  Drogenmissbrauch wie zum Beispiel Marihuana

Was der Kinderarzt sagt: Zur Abklärung der Stimmungsschwankungen bei Kindern machen kann

Stellst Du Dein Kind beim Kinderarzt vor, um Stimmungsschwankungen abklären zu lassen, wird zunächst ein ausführliches Gespräch stattfinden. Der Mediziner versucht herauszufinden, in welchem Maß Euer Alltag beeinträchtigt ist und ob es Anzeichen für eine psychische Erkrankung Deines Kindes gibt. Sind vielleicht bestimmte Auslöser oder Hintergründe vorhanden, die für die Stimmungsschwankungen verantwortlich sein können?

Es folgt eine körperliche Untersuchung, die besonders auch die Gehirnfunktionen einschließt. Standardisierte psychologische Tests können das Verhalten Deines Kindes ebenfalls einordnen. Bei Bedarf empfiehlt der Kinderarzt eine Untersuchung bei einem speziellen Neurologen für Kinder, einem Kinder-und-Jugend-Psychiater oder weiterführende bildgebende Untersuchungen.

Tipps für Eltern:

Hat Euer Kinderarzt bestätigt, dass sich die Gefühle Deines Kindes in einem ganz normalen Ausmaß bewegen, kannst Du erstmal aufatmen. Als nächstes kann es sinnvoll sein, Dir ein paar Gedanken über Euren Alltag zu machen. Natürlich soll ein Kind seine Gefühle nicht verdrängen. Trotzdem kann es lernen, Rücksicht auf andere Familienmitglieder zu nehmen. Du kannst Deiner Tochter oder Deinem Sohn dabei helfen, indem Du mehr Gleichgewicht und Ruhe in Euer Leben bringst und Gefühlstrigger vermeidest.

Regeln und Tipps im Alltag bei Stimmungsschwankungen

  1.  Achte auf einen deutlichen Tagesrhythmus mit regelmäßigen Mahlzeiten, festen Spielzeiten oder Zeitfenstern für Hausaufgaben.
  2.  Triff klare Absprachen und halte Dich auch selbst daran.
  3.  Setzt Euch zusammen und stellt ein paar wenige feste Familienregeln auf, an die sich alle halten.
  4.  Denk Dir Projekte aus, an denen Ihr als Familie gemeinsam regelmäßig arbeitet. Basteln, Schreinern, Kochen, die Planung des nächsten Urlaubes, alles ist erlaubt.
  5.  Eine aufgeräumte Wohnung ohne überflüssigen Krimskrams kann Dich und Dein Kind beruhigen. Gemeinsam aufräumen kann auch chaotische Gefühle sortieren.
  6.  Achte darauf, dass sich Dein Kind täglich ausreichend bewegt. Am besten an der frischen Luft. Für schlechtes Wetter gibt es Regenkleidung!
  7.  Schränke den Gebrauch von Fernseher, Computer und Tablet altersentsprechend ein. Für ein sechsjähriges Kind sind 30 Minuten Bildschirmzeit pro Tag genug.
  8.  Wenn Du sehr unter den Stimmungsschwankungen Deines Kindes leidest, führe ein Tagebuch über die guten und schlechten Momente und Deine jeweilige Reaktion. Eine Erziehungsberatungsstelle kann Dir bei der Auswertung helfen.

Verlier Dich selbst nicht aus den Augen! Kinder zu erziehen ist eine große Aufgabe. Papa zu sein ist die tollste und zugleich die schwierigste Aufgabe der Welt. Hol Dir Hilfe, wenn Du mit den Stimmungsschwankungen Deines Kindes nicht mehr zurechtkommst. Der Kinderarzt ist hier der erste Ansprechpartner, der immer für Dein Kind und Dich da ist.

Quellen & Literatur

  •  Ulrike Schäfer, Michael Bauer; Stimmungsschwankungen bei Kindern und Jugendlichen; BoD – Books on Demand, 2009 – 156 Seiten
  •  Alice Sendera, Martina Sendera; Kinder und Jugendliche im Gefühlschaos: Grundlagen und praktische Anleitungen für den Umgang mit psychischen Auffälligkeiten und Erkrankungen; Springer Verlag; Heidelberg 2013
  •  Schönau, Naumann, Längler, Beuth; Pädiatrie integrativ: Konventionelle und komplementäre Therapie; Urban & Fischer; München 2005
Stimmungsschwankungen bei Kindern