Kinderimpfungen Pro & Contra im Interview mit Dr. Harald Stephan

Kinderimpfungen Pro & Contra

Viele Eltern sind beim Pro und Contra zu Impfungen bei Ihrem Kind und der Frage „Ob Kinderimpfungen sinnvoll oder schädlich sind?“ sehr unsicher. Wir werden die Pro und Contras zum Thema Kinderimpfungen in einem Interview mit Dr. Harald Stephan näher beleuchten. Der Diplom-Biologe ist Doktor der Medizinwissenschaften und hat viele Jahre an den Universitäten Marburg und Bochum sowie am Universitätsklinikum Essen als Wissenschaftler in der medizinischen Forschung und Lehre gearbeitet und ist mit dem Thema sehr vertraut.

Kinderimpfungen Pro & Contra

Kinderimpfungen? Im Interview Dr. Harald Stephan

Netpapa Redaktion, Mario Förster (Red): Herr Dr. Stephan, wir wollen heute klären, auf welche Kinderimpfung Eltern verzichten können und auf welche nicht und die Pro & Contras erläutern. Aber zuallererst die Frage: Sind Sie geimpft?

Dr. Stephan (HS): (lacht) Ja, doch. Wenn man in einem Universitätsklinikum arbeitet, legt der Betriebsarzt da einen gewissen Wert drauf. Andererseits möchte man als Mitarbeiter nicht bei jedem Gang über eine Station alle aktuell verfügbaren Infektionskrankheiten mit nach Hause nehmen oder umgekehrt welche mitbringen. Gerade in der Kinderklinik geht das schneller als einem lieb ist.

Red: Sie arbeiten aber nicht mehr im Labor?

HS: Nein, inzwischen nicht mehr. Aber ich lasse meinen Impfschutz regelmäßig überprüfen und hole mir jedes Jahr meine Grippeschutzimpfung. Wochenlang krank im Bett liegen kann ich mir nicht erlauben.

Red: Und wie war das zu Ihrer Zeit mit den Kinderimpfungen?

HS: Oh, damals standen Windpocken und Masern weniger zur Debatte als Kinderlähmung und Pocken. Beides sind mit die besten Beispiele, dass Impfungen erfolgreich sind und Krankheiten in die Bedeutungslosigkeit drängen können. Pocken waren einst so gefürchtet wie die Pest. Ich kannte noch Leute, die daran erkrankt waren und überlebt haben. Die entstellenden Narben im Gesicht haben mich als kleines Kind zu Tode erschreckt. Heute redet kein Mensch mehr von Pocken und Pockenimpfung. In Indien treten immer wieder mal ein paar endemische Fälle auf, aber allgemein gilt die Erkrankung als ausgerottet. Man kann nur hoffen, dass die Großmächte ihre Vorräte an Pockenviren schön im Labor lassen und nicht auf dumme Ideen kommen.

Ganz so weit ist man mit der Kinderlähmung noch nicht, aber auf dem besten Wege. Poliomyelitis spielt heutzutage auch nicht mehr eine so große Rolle wie früher. So rabiat das klingt, aber viele Impfgegner sind gegen Impfungen, weil ihnen zu wenige Beispiele von Erkrankten über den Weg laufen. An Diphtherie erstickende Kinder kennt man heutzutage nicht mehr. Vor etwas über hundert Jahren war sie ein Hauptgrund für die hohe Kindersterblichkeit.

Interview zu Impffragen .. Copyright: JacobLund bigstockphoto.com

Red: Sind die Diphtherie- und die Polio-Impfung empfehlen?

HS: Unbedingt! Gegen Polio bekam damals noch die orale Vakzinierung mit einem Lebendimpfstoff, den Albert Sabin seinerzeit entwickelt hat. „Schluckimpfung ist süß – Kinderlähmung ist bitter“ lautete damals die Reklame. Heutzutage verwendet man einen Totimpfstoff, mit dem das Restrisiko einer Impf-Polio entfällt.

Red: Hatten Sie selbst denn Kinderkrankheiten, weil Sie nicht geimpft waren?

HS: Ja, allerdings: Keuchhusten. Mit dem nicht enden wollenden bellenden Husten durfte ich mich als kleiner Junge monatelang herumplagen, einschließlich regelmäßiger Behandlung in einer Druckkammer. Jedes Mal mit der Kotztüte in der Hand. Einmal piksen wäre mir eindeutig lieber gewesen.

Red: Kommen wir zum wesentlichen Punkt: Welche Kinderimpfungen würden Sie aus Ihrer Sicht empfehlen?

HS: Ich denke, da darf man sich getrost auf die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Institutes (RKI) verlassen. Der Impfkalender wird alljährlich aktualisiert und den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.

Red: Wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst heißt?

HS: Keine Therapie ist perfekt, auch die Impfungen nicht. Vieles davon kann man sicherlich noch weiter verbessern. Aber dazu braucht man klinische Daten, und die wachsen nicht auf Bäumen. Ständig kommen neue Impfstoffe auf den Markt, die erst einmal auf Herz und Nieren geprüft werden müssen. Bis man ihre Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit in klinischen Studien getestet hat, dauert ein paar Jahre. Mitunter ist da ein Treffer dabei, der die bisherigen Impfempfehlungen auf den Kopf stellt.

Andererseits gibt es laufend neue Erkenntnisse, was Dosierungen oder Methoden der Verabreichung angeht. Lebendimpfstoffe werden immer seltener verwendet. Bei denen besteht immer noch ein Restrisiko, dass ein abgeschwächter Erreger überlebt und eine Impferkrankung auslöst, die er eigentlich hätte verhindern sollen. Das ist extrem selten, aber möglich. Mit Totimpfstoffen lässt sich das vermeiden.

Kinderarztdoktor spritzt Impfstoff zur Schulter des Baby Copyright: andrianocz bigstockphoto.com

Red: Gutes Thema. Wie sieht das eigentlich mit Konservierungsstoffen und anderen Bestandteilen der Impflösungen aus?

HS: Ja, beides sind bei Impfgegnern beliebte Argumente. Quecksilber in Form von Thiomersal wird seit Jahren nicht mehr eingesetzt. Aluminiumverbindungen verwendet man als Adjuvantien, die die Reaktion des Immunsystems verbessern. Hier muss man dazusagen, dass die Mengen an Aluminium, die wir mit der Nahrung zu uns nehmen, wesentlich höher sind als die bei einer Impfung. Ganz glücklich ist beides nicht, und vor allem gegen Aluminium in der Umwelt sollte wesentlich mehr getan werden.

Red: Würden Sie also die Empfehlungen von STIKO und RKI selbst empfehlen?

HS: Nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft muss man das wohl. Wie schon gesagt, nichts ist perfekt, und alles kann man sicherlich noch besser machen. Aber die Kollegen am RKI tun ihr Bestes, um aktuelle Publikationen über klinische Studien auszuwerten und sich damit ein Bild über Vorteile, Nachteile, den richtigen Zeitpunkt und so weiter zu machen. Übrigens unabhängig von der Pharmaindustrie, wie gerne behauptet wird. Die werden ganz regulär für gute Arbeit schlecht bezahlt, wie das im öffentlichen Dienst üblich ist. (lacht)

Red: Aktuell empfiehlt der Impfkalender als erste Impfung überhaupt die gegen Rotaviren im Alter von sechs Wochen. Warum so früh?

HS: Rotaviren können für Babys schnell lebensbedrohend werden. In Anbetracht unserer guten medizinischen Versorgung sind Todesfälle selten, aber die extremen Durchfälle in Verbindung mit Erbrechen und Fieber spülen so viel Flüssigkeit und Elektrolyte aus dem kleinen Körper, dass sie nur mühsam wieder aufgefüllt werden können – notfalls mit Infusionen. Zudem sind die Biester extrem ansteckend.

Red: In den ersten beiden Lebensjahren sieht der Impfkalender Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Hib, Polio, Hepatitis B, Pneumokokken und die erwähnten Rotaviren vor. Ab dem elften Monat kommen die gegen Meningokokken, Masern/Mumps/Röteln (MMR) und Windpocken hinzu. Sind diese Impfungen aus Ihrer Sicht angebracht?

HS: Ich muss mich wiederholen: In Anbetracht der aktuellen Datenlage ja. Kann durchaus sein, dass man davon das eine oder andere in einigen Jahren anders sieht und andere Impfstoffe oder andere Zeitpunkte bevorzugt, aber grundsätzlich ist das zurzeit das Beste, was man für die Gesundheit seiner Kinder tun kann.

Red: Um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen: Auf welche Kinderimpfung können Eltern verzichten?

HS: Im Umkehrschluss: Auf jede andere. Es gibt Ärzte, die denken an eine frühzeitige HPV-Impfung oder möchten am liebsten schon im Vorschulalter mit Grippeschutzimpfungen beginnen. Das halte ich für ziemlichen Humbug. Über den Zeitpunkt der HPV-Impfung kann man sicherlich streiten, aber auch da denkt sich die STIKO etwas bei ihren aktuellen Empfehlungen. Falls ein Kinderarzt irgendeine Impfung andrehen möchte, die nicht im Impfkalender steht, sollte er das begründen. Auch das soll es schon gegeben haben.

Red: Ja, dann vielen Dank für Ihre Ausführungen.

HS: Gerne doch. Und bleiben Sie bitte alle gesund.

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  • Brehmer, Gisela (Autor)

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