Was wir von Jesper Juul für eine bessere Eltern-Kind Beziehung lernen können

Jesper Juul -
Jesper Juul - copyright/fotographer: Anja Kring

Wann immer der Name Jesper Juul auftaucht, sind pädagogische Fragen und Erziehungsratgeber nicht weit. Der Däne Jesper Juul gilt heutzutage als einer der bekanntesten Familientherapeuten in Europa. Wer mehr über Jesper Juul erfahren möchte – bekommt hier einiges aus seiner Biografie zu lesen und erfährt warum seine schwierige Eltern-Kind-Beziehung ihn wohl in seiner späteren Arbeit so stark geprägt hat.

Jesper Juul -
Jesper Juul – copyright/fotographer: Anja Kring

  • Jesper Juul ist ein bekannter dänischer Familientherapeut, um den Interessierte an Erziehung und Pädagogik nicht herumkommen.
  • Er ist der Gründer des Kempler Institute of Scandinavia in Odder in Dänemark.
  • Seine Kindheit bezeichnet er als nicht glücklich, er sei in einem Umfeld aufgewachsen, in dem eine gesunde und unbeschwerte Kindheit nicht möglich ist.
  • Seine schwierige Beziehung zu den Eltern und andere Ereignisse in Jesper Juul seiner Biografie, prägen seine pädagogischen Ansichten und spiegelt sich in seinen Werken wider.

Eine liebevolle Eltern-Sohn-Verbindung durfte Juul nicht erleben

Jesper Juul könnte man aufgrund seiner wertschätzenden Haltung gegenüber seinem inneren Kind als Erwachsener eine glückliche und behütete Kindheit andichten. Warum sonst sollte er diese Verbindung so pflegen?

Doch es ist anders: Von einer glücklichen und behütenden Kindheit kann Herr Juul leider nicht sprechen. Er bezeichnet sich selbst als einsames Kind, das zu viel auf sich allein gestellt ist und beinahe für sich selbst sorgen kann. Viel mit sich alleine und kaum auf die Beziehungen zu anderen angewiesen, beschreibt er seinen Zustand als „asozial“.

Das ist für einen künftigen Familientherapeuten natürlich sehr ungewöhnlich. Doch seine Kindheit hätte ihn gestärkt, wenngleich sie ihm bis heute noch anhängt. Er ist eher Einzelgänger und spürt seine Vergangenheit im Umgang mit Frauen und seinem Sohn.

Vater Sohn
© Olesia Bilkei – Fotolia.com

Das Einzige, was er als soziale Aktivität richtig genießen kann, ist das Kochen in einer großen Gesellschaft. Seine Mutter behandelte ihren Sohn, wie ein großes Projekt und wollte mit ihm ihren Traum verwirklichen, dabei trat sie ihm besitzergreifend gegenüber. Als „kleiner Mann“ bezeichnet er sich selbst aus dem Blickwinkel seiner Mutter. Gegen diese Rolle hatte er sich immer versucht aufzulehnen.

Der Vater kommt in Herr Juuls Beschreibung nicht besonders liebevoll herüber. Während sich der kleine Junge am Abend auf den Vater freut und sein Erscheinen herbeisehnt, wird er als störend abgetan. Auch die Beziehung zwischen Vater und Mutter war schwierig, der Vater kämpfte stets um die Liebe seiner Frau, leider erfolglos. Sie war nur auf ihren Sohn fixiert. Dieses Verhalten änderte sich, als der Vater eröffnete, dass er sich verliebt hätte und die Familie verlassen möchte.

Die Mutter unterband dies, da die Söhne Jesper und Peter ihren Vater schließlich bräuchten – also blieb er. Von einer gleichwürdigen Eltern-Kind-Beziehung war hier nichts zu spüren. Das ist garantiert einer der Gründe, dass sich Jasper Juul genau dies zur Maxime seiner pädagogischen Arbeit machte.

Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern sollte gleichwürdig sein

Kinder sind Menschen in einem kleineren Körper. Ihre Äußerungen, ob verbal, nonverbal oder emotional sind deshalb aber nicht weniger wert, als die eines Erwachsenen. Einem Kind sollte dieselbe Würde entgegengebracht werden, wie es Eltern von anderen Menschen auch erwarten.

Eine Beziehung funktioniert nicht, wenn der würdevolle Umgang aus dem Gleichgewicht geraten ist oder gar ganz fehlt. Das gilt für Freundschaften, Partnerschaften und natürlich auch die Eltern-Kind-Beziehung. Diese Ansicht wirkt in sich noch schlüssiger, wenn man um die Beziehung von Jesper Juul zu seinen Eltern Bescheid weiß.

Da diese nicht von Gleichwürdigkeit geprägt war, ist es umso verständlicher, dass dies ihm so wichtig ist.

In seinem Werk „Das Kind in mir ist immer da“ (Jesper Juul Biografie) zeigt er verschiedene Wege auf, wie du damit umgehen kannst, was dir als Kind widerfahren ist und sich seelisch festgesetzt hat.

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Er spricht dabei von der schwierigen Aufgabe, sich würdevoll von dem inneren Kind und seinen Verletzungen zu verabschieden. Ein lebenslanger Prozess, mit dem Herr Juul offensichtlich auch noch nicht abgeschlossen hat.

Auch im Erwachsenenalter erfährt Jesper Juul die Grenzen menschlichen Mitgefühls

Auch schweres körperliches Leiden ist ein Teil von Jesper Juul seiner Biografie. Er leidet seit 2012 unter einer Autoimmunkrankheit (Transverser Myelitis), die das Rückenmark betrifft und ihn an den Rollstuhl fesselt.

Er ist von der Brust abwärts gelähmt und hatte zwischenzeitlich sogar seine Stimme verloren. Von der Tragik seines körperlichen Leidens mal abgesehen, musste er auch im Erwachsenenalter noch einmal die Grenzen des menschlichen Mitgefühls spüren.

Der Mann, der so vielen anderen helfen möchte und dies auch geschafft hat …

Pflegepersonal, Ärzte und Therapeuten gingen mit ihm teilweise so um, wie er es nicht für richtig hält und wogegen er arbeitet. Sie stellten sich über ihn, wussten alles besser und setzen sich über seinen Willen hinweg. Die Gleichwürdigkeit, für die er immer plädiert, wurde ihm selbst nicht immer zu teil. Auch mit der Erfahrung, nun selbst auf Hilfe angewiesen zu sein, wo er sonst derjenige ist, der anderen hilft, musste er zurechtkommen.

Aufgeben ist keine Option – Scheitern gehört zum Leben dazu

Jesper Juul hat seine Biografie in einer sehr schweren Lebensphase verfasst, doch bei all den Hindernissen, hat er sich nie unterkriegen lassen.

Er hat es immer wieder geschafft, Perspektiven und zahlreiche neue Vorhaben zu formulieren, die mit großem Erfolg belohnt wurden. Dennoch fehlen ihm ein paar Dinge, um die er zu Krankheitshochzeiten regelrecht getrauert hat. Autofahren, Gehen, Freunde unterhalten und Reisen würde er sehr vermissen …

Seinen Lesern und Klienten macht er nichts vor und lässt sich über die Schwierigkeit, seelische Verletzungen zu heilen und etwas verändern zu wollen nicht im Unklaren. Die Verantwortung liegt bei jedem selbst, die will und kann er anderen nicht abnehmen. Ebenso wie er nicht möchte, dass sie ihm jemand abnimmt. Damit wären wir wieder bei seiner Maxime – der gleichwürdigen Beziehung …

Auch die Beziehung zu seinem Sohn prägte seine Arbeit

Jesper Juul bezeichnet sich selbst als furchtbar in seiner Rolle als jungen Vater. Er war laut eigener Aussage streng und forderte von ihm denselben Gehorsam, der einst von ihm erwartet wurde.

Damit wiederholte er die Fehler seiner Eltern, bis er eines Tages von seinem Sohn eines besseren belehrt wurde. Er hat begonnen seinen Sohn wirklich zu sehen, ihn so zu erleben, wie er ist und ihm nicht seine Vorstellung aufzudrücken.

Kinder sind nicht die Werkzeuge ihrer Eltern sondern Individuen, die für eine gesunde Entwicklung Bestärkung Freiraum benötigen. Genau dies postuliert er auch in seinen Werken und Vorträgen.

In Jesper Juul seiner Biografie beziehungsweise Audiobiografie „Das Kind in mir ist immer da – Mein Leben für die Gleichwürdigkeit“ geht es um seine zahlreichen Erfolge in der Tätigkeit als Therapeut, aber auch um die Schattenseiten seines Lebens.

Das Scheitern seiner Beziehungen, der holprige Start als junger Vater und auch seiner schwere Krankheit spart er dabei nicht aus.

Quellen und Internet:

Juul, Jesper: Das Kind in mir ist immer da – Mein Leben für die Gleichwürdigkeit. BELTZ Verlag, 2018.

 

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