Ablauf der Präimplantationsdiagnostik bei künstlicher Befruchtung

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Präimplantationsdiagnostik bei künstlicher Befruchtung Copyright: ziko, bigstockphoto.com

Prä – Implantations – Diagnostik

Das Kürzel PID steht für die zytogenetische und molekularbiologische Untersuchung eines durch künstliche Befruchtung (in vitro-Fertiisation, IVF) gewonnenen Embryos. Eltern mit unerfülltem Kinderwunsch können in Deutschland davon Gebrauch machen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören bekannte Erbkrankheiten in der Familie oder eine drohende Fehl- oder Totgeburt. Die gesetzlichen Vorgaben sind streng und geben einen genauen Ablauf der Präimplantationsdiagnostik vor.

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Warum ist der Ablauf der Präimplantationsdiagnostik so streng vorgeschrieben?

Im Prinzip kann man im Ablauf einer Präimplantationsdiagnostik alles genetisch Mögliche untersuchen und nur solche Embryonen aussuchen, die man gerne haben möchte. Böse gesagt: Designerbabys sind durchaus im Rahmen der Möglichkeiten – blond, blauäugig, gross, sportlich, mit hohem IQ und was an Wunschvorstellungen manche Leute von ihrem Nachwuchs haben.

Der Haken an der Sache: So einen Embryo kann man nicht aus dem Katalog als Wunschkonfiguration zusammenpuzzeln. Treffen eine Eizelle und eine Samenzelle aufeinander, kommt nur eine bestimmte von Millionen Möglichkeiten zustande. Das würde bedeuten, man müsste Unmengen von Embryonen produzieren, bis man den gewünschten Sechser im Lotto hat. Und der Rest? Es dürfte jedem klar sein, dass menschliches Leben nicht in die Mülltonne gehört.

„Befruchtung im Glas“: Die in vitro-Fertilisation (IVF)

Wenn das mit dem Kinderwunsch trotz intensiver Bemühungen auf dem natürlichen Wege nicht funktioniert, haben Eltern in Deutschland nach einem Jahr das Anrecht auf eine in vitro-Fertilisation. Die Möglichkeit zur Befruchtung im Reagenzglas haben Robert Edwards und Patrick Steptoe in den 1960er Jahren entwickelt – ersterer bekam dafür 2010 den Nobelpreis für Medizin.

Die Kunst besteht weniger darin, Eizelle und Samenzellen zusammenzubringen als darin, erfolgreich Eizellen zu gewinnen und den fertigen Embryo in die Gebärmutter zu transplantieren. Zumindest bei der Spermiengewinnung sind die Männer klar im Vorteil. Bei Frauen wird meistens nur eine einzige Eizelle pro Ovulation freigesetzt. Daher muss man etwas nachhelfen, um mehr als ein Exemplar gewinnen zu können.

Hormonbehandlung der Eierstöcke

Zunächst werden die Eierstöcke mit Tabletten gedrosselt, die GnRH-Analoga oder GnRH-Antagonisten enthalten. Das Kürzel GnRH steht für Gonadotropin-Releasing Hormone – ein Hormon des Hypothalamus, das in der Hypophyse für die Ausschüttung von follikelstimulierendem Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon (LH) sorgt und dadurch die Bildung von Östrogen und Testosteron in Eierstöcken oder Hoden anregt. Durch die Blockierung mit Analoga oder Antagonisten sinkt bei der Frau der Hormonspiegel und es sammeln sich mehrere sprungbereite Eizellen an.

Damit diese quasi schlagartig freikommen, erhält die Frau follikelstimulierendes Hormon (FSH) in Form von Injektionen, heutzutage meist mit einem Pen, ähnlich wie Insulin. Das muss ein bis zwei Wochen durchgeführt werden, bis sich die Eizellen auf den Weg machen. Bereits nach einer Woche beginnt die Überwachung der Follikel mittels Ultraschalluntersuchung. Sind sie groß genug, löst man den Eisprung mit Choriogonadotropin (hCGH) aus.

Gewinnung der Eizellen

Die Punktion der prall gefüllten Follikel zur Gewinnung der darin befindlichen Eizellen erfolgt endoskopisch. Dazu führt der Arzt einen stabförmigen Schallkopf mit Punktionsnadel in die Vagina ein und schiebt ihn bis in den Uterus vor. Zur Orientierung beobachtet er dabei das Geschehen live auf einem Monitor. Die Eizellen werden abgesaugt und weiterverwendet.

Spermiengewinnung und Qualitätskontrolle

Das Sperma gewinnt man möglichst parallel zur Entnahme der Eizellen. Ein bis zwei Wochen Enthaltsamkeit sind dabei gut für die Ejakulatmenge und Spermienqualität. In der Klinik führt eine freundliche Krankenschwester den angehenden Vater in einen Raum mit Anschauungsmaterial und drückt ihm einen Plastikbecher in die Hand. Sollte die Gewinnung durch Masturbation nicht möglich sein, steht als Alternative eine Hodenbiopsie (testikuläre Spermienextraktion, TESE) zur Verfügung. Sie ist beispielsweise bei einem Verschluss der ableitenden Samenwege notwendig.

Mit dem gewonnen Probenmaterial wird ein Spermiogramm gemacht. Dabei stellt man Zahl, Beweglichkeit und normgerechte Form der kleinen Kampfschwimmer fest. Laut WHO sollte ihre Dichte bei 15 Millionen pro ml, die progressive lineare Motlität (heißt: sie schwimmen zielgerichtet geradeaus) bei mindestens 32 %, und die normale Morphologie bei wenigstens 4 % liegen.

Wie erfolgt die Befruchtung?

Die eigentliche Befruchtung erfolgt entweder auf dem klassischen Weg, indem man die Eizellen mit aufbereitetem Sperma mischt, oder durch die Injektion mit einer Glaskanüle. Letzteres wählen die Ärzte, wenn zu wenige bewegliche Spermien vorhanden sind oder die klassische Methode mehrfach nicht zum Erfolg geführt hat. Man bezeichnet das als intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).

Für die Herstellung solcher extrem feinen Glaskanülen gibt es spezielle Apparate, die Glaskapillaren an einer Stelle erhitzen und schnell auseinanderziehen. Zum Hantieren mit mikrometergroßen Zellen verwendet man im Labor einen sogenannten Mikromanipulator, mit dessen Hilfe gezielte dreidimensionale Bewegungen in diesem Größenordnungsbereich möglich sind.

Was bedeutet die Dreierregel?

In Deutschland gilt die „Dreierrregel“ – das bedeutet, dass maximal Embryonen pro Zyklus befruchtet und implantiert werden dürfen. Das strenge Embryonenschutzgesetz (ESchG) hat seinen Sinn, denn damit will man verhindern, dass mehr Embryonen „produziert“ als in die Gebärmutter eingepflanzt werden.

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint – viele Mediziner sehen die Dreierregel kritisch, denn bei Paaren mit hohem Risiko für Genveränderungen ist bei lediglich drei Embryonen häufig keiner dabei, der implantationsfähig wäre. Solche Paare müssen den ganzen Ablauf der Präimplantationsdiagnostik und Hormonbehandlung mehrfach über sich ergehen lassen, bis ein geeigneter Embryo vorliegt. Daher wird oft gefordert, dass es der möglichst realistischen Einschätzung des behandelnden Arztes überlassen werden sollte, wie viele Embryonen generiert werden sollen.

Anzucht der Embryonen

Nun heißt es abwarten. Die Nährlösung mit den hoffentlich erfolgreich erzeugten Embryonen wandert in einen Brutschrank, wo bei 37 °C und hoher Luftfeuchte die ersten Zellteilungen erfolgen. Der Fortschritt lässt sich unterm Mikroskop beobachten.

Die eigentliche Präimplantationsdiagnostik

Sobald sich die befruchtete Eizelle geteilt hat, besteht die Möglichkeit zur zytogenetischen und molekularbiologischen Untersuchung. Dazu muss eine einzelne Zelle aus dem frühen Embryo entfernt und analysiert werden. Drei Tage nach der Befruchtung sind sechs bis zehn Zellen vorhanden. Da sie in diesem Stadium noch nicht spezialisiert sind, kann man eine oder zwei Zellen entnehmen, ohne damit den Embryo zu schädigen – die verbliebenen Zellen wachsen munter weiter.

Mithilfe spezieller Methoden lässt sich im Labor feststellen, ob die entnommene Zelle(n) eine in der Familie bekannte Erbkrankheit in ihrer DNA tragen. Ebenso ist ein Aneuploidie-Screening möglich, mit dem sich Veränderungen im normalen Chromosomensatz nachweisen lassen. Diese kommt vor allem bei älteren Paaren zum Einsatz, bei denen es bereits gehäuft zu Fehl- und Totgeburten kam und/oder die in vitro-Fertilisation mehrfach nicht erfolgreich war. Mit zunehmendem Alter steigt zudem die Gefahr von Chromosomenstörungen wie der Trisomie-21.

Auf in mütterliche Gefilde: Der Embyronentransfer

Das Einsetzen der Embryonen in Mamas Gebärmutter erfolgt sonst im Vierzellstadium zwei Tage nach Befruchtung, im Ablauf der Präimplantationsdiagnostik am fünften Tag, wenn der Embryo bereits einen Blasenkeim (Blastozyste) gebildet hat. Das entspricht dem Zustand, in dem sich auch ein auf natürlichem Wege gebildeter Embryo in die Schleimhaut des Uterus einnistet.

Die Implantation der zumeist üblichen drei Embryonen erfolgt mithilfe eines Katheters an Ort und Stelle. Dann lässt man der Natur ihren Lauf und hofft, dass sich wenigstens einer davon erfolgreich in der Schleimhaut des Uterus ansiedelt.

Hat’s geklappt?

Das weiß man frühestens nach vierzehn Tagen. Hat sich der Embryo erfolgreich eingenistet, bildet sich eine Mini-Plazenta, die den Stoffwechsel mit dem der Mutter verbindet. Hier wird Choriogonadotropin (hCG) gebildet, das den Erhalt der Schwangerschaft garantiert. Denn es sorgt normalerweise dafür, dass der Rest des Follikels, der im Eierstock den Gelbkörper gebildet hat, Progesteron ausschüttet. Dieses Hormon sorgt für das Wachstum der für die Ernährung wichtigen Schleimhaut und verhindert einen neuerlichen Eisprung.

hCG ist das Hormon, mit dem fast alle Schwangerschaftstest arbeiten. Es wird in geringer Menge mit dem Urin ausgeschieden, in dem es sich etwa vierzehn Tage nach der Befruchtung/Implantation nachweisen lässt. Darüber ist ein Nachweis über eine Blutprobe möglich.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

 

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