Die Zuckerlüge, werden Kinder durch Zucker aufgedreht?

Werden Kinder durch Zucker aufgedreht
Werden Kinder durch Zucker aufgedreht? Copyright: romrodinka bigstockphoto

Fördert Zucker die Hyperaktivität? Viele Eltern stellen sich die Frage: Werden Kinder durch Zucker aufgedreht? Tatsächlich handelt es sich dabei um einen echten Mythos, der bereits seit einigen Jahrzehnten hartnäckig von Generation zu Generation in den Köpfen bleibt. Denn wissenschaftliche Belege das Süssigkeiten und Zucker die Kinder hipplig macht und aufdreht gibt es nicht! Macht Zucker aufgedreht? Eher im Gegenteil: Studien zeigen[1], dass es sich vielmehr um die Erwartungshaltung der Eltern und eine situationsabhängige Problematik handelt. Lese in diesem Artikel wie Zucker wirklich wirkt und wieso der subjektive Eindruck entsteht das Kinder nach Süssigkeiten aufdrehen und wie du solche Situationen entschärfen kannst.

Süßigkeiten bei kindern
Eltern und Süssigkeiten für Kinder 4- Süsses – Urheber: kirillm / 123RF.com

Die subjektive Alltagserfahrung vieler Eltern: Kinder + Zucker = aufgedreht

Die Gespräche über Süßigkeiten laufen auf dem Spielplatz oder beim Kaffeetrinken mit den Großeltern häufig ähnlich ab: Der/die Kleine ist oft sehr lieb, doch nach dem Naschen wird er/sie total aufgedreht! Das muss am Zucker liegen, kommt man gemeinschaftlich zum Ergebnis. Aber ist das so einfach?

Zucker ist ein Energielieferant für den Körper. Daher nehmen Sportler vor dem Training oder Menschen beim Lernen und vor einer Prüfung gern etwas Traubenzucker. Der Körper soll auf diese Weise effektiver arbeiten können.

Der Unterschied zur Wahrnehmung der Eltern: Kinder werden durch Zucker nicht aufgedreht, sondern haben lediglich eine Energiereserve zu sich genommen. Ob der Energiespeicher aber genutzt wird, um zu toben oder Unsinn zu machen, geht nicht auf den Zucker zurück!

Die Zuckerlüge – Das Wichtigste im Überblick

  1. Kinder werden durch Zucker nicht aufgedreht, auch nicht junge ADHS-Patienten
  2. die verzerrte Wahrnehmung basiert oft auf den sozialen Umständen beim Naschen
  3. Eltern können auch eine falsche Erwartungshaltung besitzen und empfinden Kinder nur als aufgedrehter
  4. die Feingold-Diät (ohne Zucker, Farbstoffe und künstliche Aromen) ist nicht wissenschaftlich belegt
  5. wenig Zucker ist dennoch sinnvoll, um Karies, Diabetes und Co. zu vermeiden

Woher kommt das Zerrbild im Alltag?

Sagt man Eltern, dass ihre Kinder durch Zucker nicht aufgedreht werden, reagieren diese im ersten Moment ablehnend. Immerhin scheint der Alltag mit dem Kind ihnen ja recht zu geben. Hier kommt es darauf an, die Perspektive der Eltern zu hinterfragen.

  1. Wann bekommt das Kind viel Zucker?
  2. Sind andere Kinder dabei?
  3. Warnen Eltern das Kind beim Naschen, das es gleich aufgedreht sein könnte?

Mit diesen Fragen lassen sich die häufigsten Situationen aufdecken, in denen das Zerrbild von Kindern, die durch Zucker aufgedreht sind, entsteht.

  1. Es gibt Süßigkeiten am Nachmittag nach der Schule, wenn endlich nicht mehr still gesessen werden muss, sondern getobt werden darf.
  2. Kinder stacheln sich gegenseitig beim Spielen an.
  3. Das Kind erfüllt (teils völlig unbewusst) die negative Erwartungshaltung der Eltern.

Daran sieht man, dass es häufig weniger um den Zucker an sich geht, sondern um die Situation beim Naschen selbst.

.. und was zählt: Wieviel Süßigkeiten pro Tag ein Kind bekommt.

Ein klassisches Beispiel: der Kindergeburtstag

Kinder werden durch Zucker aufgedreht, was man wunderbar bei den enormen Mengen an Süßigkeiten sieht, die auf einem Kindergeburtstag gereicht werden. Dieses Argument wird oft vorgebracht. Dabei ist das Beispiel Kindergeburtstag vielmehr ein gutes Beispiel für die Gegenseite: Die Feier an sich ist anders als der Alltag und damit aufregend für die Kinder. Sie kommen zudem mit vielen anderen Jungen und Mädchen zusammen, sodass sie sich schnell gegenseitig hochschaukeln.

Würde man einen Kindergeburtstag ganz ohne Getränke und Speisen mit Zucker feiern, dürfte das Bild laut lachender, schreiender und rennender Kinder in Zimmer und Garten dasselbe bleiben.

Zucker und ADHS oder: Die Feingold-Diät, eine Methode ohne wissenschaftliche Grundlage

Nun gibt es abseits von „normalen“ Kindern und der Auswirkung von Zucker noch die Frage, ob der Zuckerkonsum für Kinder mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung ein Problem darstellt. Oft legen Ernährungsberater den Eltern ans Herz, ihre Kinder zuckerarm zu ernähren, damit die Hyperaktivität nicht verstärkt wird.

„Doch der Zucker macht weder Kinder mit ADHS noch ohne ADHS aufgedrehter. Es ist ein Mythos.“

Der Mythos hält sich derart hartnäckig, da in den 1970ern ein Arzt aus den USA ohne wissenschaftliche Basis eine Diät erfand. Sie wurde nach ihm benannt: die Feingold-Diät. Sie geht davon aus, dass Farbstoffe und künstliche Aromen sowohl Lernstörungen als auch Hyperaktivität verursachen können. Mit den Jahren wurde auch Zucker in dieses Schema aufgenommen.

So entstand die einfache Formal: Da Kinder durch Zucker aufgedreht werden, sollte folglich weniger Zuckerkonsum zu ruhigeren Kindern führen. Eine Vielzahl an Studien und Meta-Analysen haben die Feingold-Diät inzwischen entkräftet. In den Köpfen vieler Eltern bleibt sie aber bestehen.

Eine Studie zur Erwartungshaltung der Eltern

Die Wissenschaft kann noch so viele empirische Analysen vorlegen, wenn Eltern davon überzeugt sind, dass ihre Kinder durch Zucker aufgedreht sind, kann man sie davon nur schwer abbringen. Wie stark die Erwartungshaltung als Zerrfaktor dienen kann, zeigt eine Studie mit 35 Müttern und deren fünf- bis siebenjährigen Kindern.

Allen Müttern sagten die Forscher, dass die Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt werden und nun ein Teil sehr zuckerhaltige Süßigkeiten bekommen würde. Die anderen würden hingegen zuckerfreie Snacks erhalten. In Wahrheit jedoch bekamen alle Kinder keinerlei Zucker.

Die Mütter, die davon ausgingen, ihre Kinder hätte Zucker konsumiert, gaben später an, dass der Nachwuchs ein hyperaktives Verhalten in den Stunden nach dem Konsum gezeigt hatte. Ob die Kinder wirklich aufgedrehter waren, können die Forscher zwar nicht sagen, sie können aber mit Gewissheit bestätigen: Zucker kann nicht dafür verantwortlich gewesen sein.

Fazit: Kinder werden durch Zucker nicht aufgedreht

Die Faktenlage kann nur zum den Schluss kommen, dass Kinder durch Zucker nicht aufgedreht werden. Gleichzeitig sollte das für Eltern, Großeltern und andere Bezugspersonen nicht der Freifahrtschein zur hemmungslosen Zuckervergabe sein.

Auch wenn Zucker nicht hyperaktiv macht, bleibt er eine reale Gefahr für die Zähne, denn durch ihn steigt selbst beim gewissenhaften Zähneputzen das Kariesrisiko.

Da Zucker über Getränke und Nahrungsmittel zudem den Blutzuckerspiegel rasant steigen lässt, muss die Bauchspeicheldrüse mit der Herstellung von größeren Mengen Insulin reagieren. Wird über Jahre immer wieder viel genascht, kann das zu einer langsamen Insulinresistenz und damit Diabetes kommen.

Hinzukommt, dass Zucker auf lange Sich die Gefahr für Übergewicht erhöht und damit bereits Kinder und junge Erwachsene mit Problemen wie Rückenschmerzen und Bluthochdruck kämpfen.

Der gewissenhafte Umgang mit Zucker sollte daher von Anfang an gelernt werden, damit ungünstige Ernährungsweisen später nicht zum Alltag werden.

[1] Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7963081

 

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