Narzissmus bei Kindern: Warum Kinder erstmal kleine Narzisten sein dürfen

Narzissmus bei Kindern
Kleine Prinzessin selbstverliebt - Copyright: CHOReograPH bigstockphoto

Narzissmus gehört zu den häufigsten Persönlichkeitsstörungen und kann sich bereits in einem jungen Alter deutlich zeigen. Wer ein chronischer Narzisst ist, lebt ein extrem ich-bezogenes Leben und lässt alle anderen Menschen spüren, wie selbstverliebt er/sie ist.

Narzissmus bei Kindern
Kleine Prinzessin selbstverliebt – Copyright: CHOReograPH bigstockphoto

Narzissmus bei Kindern muss allerdings anders als bei Erwachsenen bewertet werden.

Warum Kinder erstmal kleine Narzisten sein dürfen, wie diese Ich-bezogene Entwicklung abläuft und was der Unterschied zu einer narzistischen Störung im Erwachsenenalter ist, erfährst du jetzt in unserem Artikel.

Was ist Narzissmus

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung ist für das soziale Umfeld der Betroffenen mehr als anstrengend. Die klassischen Symptome umfassen folgende Punkte:

  1. die Vorstellung, der wichtigste Mensch überhaupt zu sein
  2. übersteigerte Selbstliebe
  3. Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
  4. heftige Abwehrreaktion gegen jeder Form von Kritik
  5. arrogante Grundhaltung gegenüber allen
  6. kaum bis keine Empathie
  7. selbstgefälliges Ausnutzen der Mitmenschen

Zu diesem Katalog der Symptome gesellt sich zudem häufig ein Minderwertigkeitskomplex, was auf den ersten Blick ein Widerspruch ist. Meist ist das mangelnde Selbstwertgefühl jedoch das zugrunde liegende Problem der narzisstischen Störung. Die Betroffenen versuchen, ihre gefühlte Schwäche zu kompensieren.

Narzissmus bei Klein- und Grundschulkindern

Kinderpsychologen sowie Betreuer und Lehrer sprechen in den letzten Jahren immer häufiger davon, dass die Zahl der narzisstischen Persönlichkeitsstörungen bei Kindern zunimmt. Diese Einschätzung ist schwierig, da man unterschiedliche Maßstäbe ansetzen kann. Fakt ist, dass Kleinkinder und auch Jungen und Mädchen in den Grundschuljahren eine gewisse Tendenz zum Narzissmus haben dürfen.

Unterstellt man, dass Narzissten sich als Zentrum des Universums sehen, sind zunächst alle kleinen Kinder waschechte Narzissten. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, dass der elterliche Kosmos sich um sie dreht und bis zu einem gewissen Alter ist das auch berechtigt.

Die Entwicklung der Menschheit ist darauf ausgelegt, dass die Jüngsten früh darüber Klarheit haben, dass sie auf das Wohlwollen und den Schutz der älteren Gruppenmitglieder angewiesen sind. Sie suchen daher deren Aufmerksamkeit und versuchen, die allgemeine Bewunderung für sich zu gewinnen. Auf gewisse Weise nutzen sie damit auch die Eltern aus, um ihre eigenen Ziele (Nahrung, Schutz, Fürsorge) zu erhalten.

Im Laufe der Grundschulzeit sollte diese Grundhaltung jedoch allmählich zurückgehen. Der Narzissmus wird ersetzt durch das Erlernen von Regeln und Normen, wobei sich die Mädchen und Jungen mehr und mehr als Teil einer lebendigen Gruppe verstehen. Sie müssen mit anderen teilen, auf deren Gefühle Rücksicht nehmen und werden Schritt für Schritt selbstständiger.

Narzisstische Kinder entwickeln sich nicht durch Vererbung sondern durch Erziehung

Wenn Narzissmus bei Kindern bestehen bleibt

Jeder Mensch hat seine individuelle Geschwindigkeit bei der Ich-Entwicklung. Die Entwicklungsphasen fügen sich auch nicht wie im Lehrbuch aneinander, sondern können verschlungen auftreten, Sprünge aufweisen oder kurze Rückfälle in alte Phasen beinhalten.

Zeigt ein Grundschüler oder eine Grundschülerin starke narzisstische Tendenzen, sollten Eltern das zunächst als Warnsignal sehen. Typische Beispiele aus dem Schulalltag wären:

  1. Dein Kind fällt durch Wutausbrüche auf, wenn es korrigiert wird
  2. Dein Kind wird gegen Mitschüler/innen gewalttätig, wenn es Streit gibt
  3. Dein Kind zeigt kein Mitgefühl für andere
  4. Dein Kind nutzt andere regelmäßig aus

Es ist wichtig, den Kindern an diesem Punkt Grenzen aufzuzeigen, damit sie von einem gewissen Alltagsnarzissmus nicht in eine chronische Persönlichkeitsstörung hineinrutschen.

Die schweren Teenagerjahre

Narzissmus bei Kindern kann sich mit Beginn der Pubertät noch einmal verstärken oder auch erstmals zeigen. Auch in dieser Entwicklungsphase sind narzisstische Grundzüge nicht per se eine etablierte Persönlichkeitsstörung. Sie sollten von dir jedoch erneut und noch einmal stärker als in der Grundschulzeit als Warnsignal gewertet werden.

Teenager sind durch die Veränderungen ihres Körpers und der Suche nach dem eigenen Platz in der Welt häufig wenig empathisch gegenüber anderen, sollten jedoch von ihren Eltern immer wieder auf die Wichtigkeit der Empathie hingewiesen werden.

Ist Narzissmus bei Kindern ein Erziehungsfehler?

Gehen narzisstische Tendenzen mit den Jahren nicht verloren, sondern werden pathologisch, geben sich viele Eltern die Schuld.

„Fakt ist, dass die Entwicklungsforschung die genauen Ursachen für Narzissmus noch nicht benennen kann.“

Es gibt allerdings Anzeichen, dass die elterliche Erziehung zumindest eine wesentliche Rolle bei der Etablierung von Narzissmus bei Kindern innehat.

1. Es fehlen Grenzen

Ein Punkt, der häufig genannt wird, ist eine stark antiautoritäre Erziehung. Erfahren Mädchen und Jungen keinerlei Grenzen, kann das Narzissmus bei Kindern fördern und verstärken.

2. Es wird zu viel gelobt

Solange Kinder sehr jung sind, nehmen sie das Wort der Eltern wie ein Naturgesetz wahr. Was du sagst, stimmt für sie und wird nicht hinterfragt. Übermäßiges Loben in dieser Entwicklungsphase kann dazu führen, dass Kinder ein falsches Bild ihrer Fähigkeiten bekommen und später übertrieben von ihren Fähigkeiten denken. Was aber nicht bedeutet das Lob etwas schlechtes ist – Nur sollte es einen realistischen Hintergrund haben.

3. Es fehlt eine Gesprächskultur

Narzissmus bei Kindern geht eventuell auch darauf zurück, dass Kinder bei Fehlern keine angemessene Korrektur erfahren und daher nicht lernen, wie man konstruktiv mit Kritik umgeht. Im späteren Lebensverlauf kann Kritikfähigkeit dann nur schwer erworben werden.

Was kannst du gegen Narzissmus bei Kindern tun?

Zeichnet sich für dich oder das soziale Umfeld deines Kindes mehr und mehr ab, dass eine narzisstische Störung vorliegen könnte, ist der möglichst zwanglose Besuch beim Kinderarzt ratsam.

Im Gespräch mit dir und deinem Kind kann der Arzt erste Anzeichen dafür finden, ob es sich tatsächlich um Narzissmus bei Kindern handelt. Bestätigt sich der Verdacht, kann der Mediziner zu einer Therapie beim Kinderpsychologen raten. Der Gang zum Psychologen ist für viele Eltern schwer, denn sie fühlen sich als Versager in der Erziehung und möchten sich vor dem sozialen Umfeld keine Blöße geben.

Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist jedoch ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein

Der Kinderpsychologe kann durch die Sitzungen einen Zugang finden und Narzissmus bei Kindern langsam abbauen. Sie lernen spielerisch, dass sie nicht unfehlbar sind und das alles andere als schlimm ist. Die Kinder werden ermutigt, ihre Fähigkeiten zu erproben und gleichzeitig ihre Grenzen zu erkennen. Auch das häufig zwanghafte Vergleichen mit den Leistungen anderer wird Schritt für Schritt abgebaut.

 

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