Was ist Erziehung – wie soll ich meine Kinder erziehen?

Eltern Kind Erziehung
Erziehung braucht Beziehung, Copyright: photosvit, bigstockphoto

Fällt das Wort Erziehung, rümpfen viele die Nase. Scheinbar hat die Erziehung mehr negative Eigenschaften angenommen. Dabei erziehen Eltern ihre Kinder schon seit Hunderten von Jahren und sind eigentlich recht gut darin. Wenn ihr dann das erste Mal im Supermarkt an der Schlange steht und euer Kind schmeißt sich auf den Boden, ihr mit einem kleinen Schreihals durch die Innenstadt lauft oder machtlos im Park nach den lieben Kleinen ruft, wisst ihr, dass Erziehung keine einfache Sache ist.

Keine Frage: Es gibt kaum etwas, das mit so vielen Emotionen belegt ist wie die Erziehung. Hier driften die Ansichten der Eltern oftmals meilenweit auseinander und es entbrennen harte Diskussionen. Doch wer hat Recht? Wie sieht eigentlich die ideale Erziehung für dein Kind aus? Da kann es doch schnell einmal passieren, dass sich Eltern vollkommen überfordert fühlen. Ich möchte Euch hier die bedürfnisorientierte Erziehung vorstellen und zeigen was wir dabei als wichtig erachten.

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Was bedeutet bedürfnisorientierte Erziehung?

Die bedürfnisorientierte Erziehung heißt im englischen Attachment Parenting – kurz AP. Gemeint ist die Bindungserziehung und eine ganz bestimmte Erziehungslehre, die auf die Mutter-Kind-Bindung und die methodische Förderung der Beziehung zu den Kindern ausgelegt ist. In der Basis geht der Erziehungsziel davon aus, dass sich ein Kind gesund entwickelt, wenn es zu seinen Eltern eine liebevolle Bindung aufbaut. Dafür benötigen die Kinder mindestens eine Bezugsperson. Babys müssen in erster Linie die Grundbedürfnisse wie direkten Körperkontakt und Hunger stillen.

Keine Sorge, bei der bedürfnisorientierten Erziehung geht es nicht darum, deinem Kind ab sofort alle Wünsche von den Augen abzulesen. Es geht in erster Linie um einen verantwortungsbewussten und respektvollen Umgang und um die Bedürfnisse deines Kindes. Wächst dein Kind in einer zuverlässigen und vertrauensvollen Umgebung auf, kann es sich natürlich entwickeln. Es handelt sich hierbei nicht um eine fundamentale neue Erkenntnis, sondern um einen Erziehungsstil, den es schon seit den 1940ern gibt. Bindungsorientiert bedeutet vor allen Dingen das instinktive Verhalten, das fast alle Mütter und Väter an den Tag legen.

Was sind die Grundprinzipien in der bedürfnisorientierten Erziehung?

Nun geht die bindungsorientierte Elternschaft nicht rein zufällig auf den englischen Begriff Attachment Parenting zurück. Den Ursprung finden wir im amerikanischen Kinderarzt und achtfachen Familienvater Dr. William Sears. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel „Das Attachment Parenting Buch und darin seine Leitlinien formuliert.

Er bezeichnet die entscheidenden Inhalte dieser Erziehung als Baby:

  • Bonding – direkter Körperkontakt nach der Geburt
  • Stillen – je nach Bedarf der Kinder
  • Tragen – so oft es nur möglich ist
  • Schlafen – am besten gemeinsam
  • Signalwirkung vom Weinen – Reaktion der Eltern darauf
  • Verzicht auf das Schlaftraining
  • Eine Harmonie der Bedürfnisse aller Familienmitglieder – persönliche Grenzen einhalten

Es handelt sich nicht um sieben absolute Grundprinzipien, die die Gesetze im Raum stehen. Es sind vielmehr Hilfen, die Eltern nutzen können, um eine stabile Bindung zu ihren Kindern zu entwickeln. Sears nimmt also an, dass ein Kind seiner Mutter und seinem Vater vertraut und mit ihnen vermehrt positive Erlebnisse verbindet. Dann wird es wohl auch der Erziehung der Eltern folgen.

Wer nun denkt, die bedürfnisorientierte Erziehung funktioniert wie ein antiautoritärer Erziehungsstil, hat weit gefehlt. Darüber hinaus geht es auch nicht um die Selbstregulation und Selbstbestimmung der Kinder, wenn auch beide Erziehungsziele einen ähnlich großen Respekt für die Kinder aufbauen. Sears sprach von einem autoritativen Erziehungsstil. Die Eltern gehen stark auf die Kinder ein und kontrollieren die Familiensituation.

Die Bedeutung des ersten Lebensjahres

In den Grundprinzipien der bedürfnisorientierten Erziehung liegt das Hauptaugenmerk auf dem ersten Lebensjahr. Wer sich streng nach den Kriterien dieses Erziehungsstil richtet, entscheidet sich für ein Familienbett, stillt sein Kind so lang wie es notwendig ist und trägt es so oft es möglich ist. Gegen die Vorstellungen dieser Erziehung sprechen Schlaftraining, Kinderwagen und Beistellbett.

Die Sorge und der Vorwurf, die Kinder zu sehr zu verwöhnen, machen aus entwicklungspsychologischer Hinsicht gar keinen Sinn. Mit einem halben Jahr ist ein Kind schlichtweg nicht in der Lage, mit Kalkül zu handeln. Ein Baby würde niemals weinen, weil es weiß, dass es dafür etwas Bestimmtes bekommen. Ebenso wenig sollte Erziehungsstil einschränken. Wenn dein Kind überglücklich, im Babybett oder Kinderwagen liegt, warum solltest du etwas daran ändern? Vielmehr soll der Erziehungsstil anregen, eine Lösung für Probleme zu finden.

Kritik am bedürfnisorientierten Erziehungsstil

Mittlerweile gehört Attachment Parenting zu einem der weltweiten Trends, dem unzählige Eltern folgen. So richten sich Mama und Papa nach den Bedürfnissen ihrer Kinder, um eine intensive Bindung aufzubauen. Vielleicht ist das Aufkommen dieser Erziehung auch dafür verantwortlich, dass Tragetücher einen reißenden Absatz unter den Eltern finden.

Doch gibt dieser Erziehungsstil auch Platz für Kritik und Zweifel. Nicht immer sorgt das Attachment Parenting für ein rundum glückliches Baby. In vielen Fällen steigt sogar der Frust der Eltern, die das Gefühl haben, den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht zu werden und sich selbst in den ersten Jahren nach der Geburt aufzugeben. Sicherlich sollte sich jeder das aus der Erziehung herausnehmen, was zu seiner Familie passt und vor allen Dingen zu den Bedürfnissen jedes Familienmitglied. Es ähnelt einer Utopie, gemeinsam mit seinem Kind zu einer Symbiose zu verschmelzen, in der alles funktioniert. Nicht immer ist eine Erziehung oder deine Vorbildfunktion dafür verantwortlich, wenn sich dein Kind mal danebenbenimmt.

Wie solltest du deine Kinder erziehen?

Lasst uns nicht zu den Eltern mutieren, die ihre Kinder nicht mehr aus den Augen lassen. Dabei sollten wir uns raus aus dem Modus der stetigen Katastrophe bewegen und wieder ein Gefühl für Erziehung und Familie entwickeln. In der Theorie verlangt wohl auch die bedürfnisorientierte Erziehung eine dogmatische und kompromisslose Umsetzung. In der Praxis ist das für keinen Erziehungsstil empfehlenswert.

Eines dürfte an dieser Stelle feststehen, verwöhnt eure Babys nach Strich und Faden und verbringt so viel Zeit mit ihnen, wie es nur möglich ist. Das bedeutet im Gegenzug aber nicht, dass ihr euer Kind vor jeder Frustration und negativen Erfahrung beschützen könnt. Werdet nicht zu den Helikoptereltern, die rastlos um ihre Kinder kreisen und sie schlussendlich nur zu einem unselbstständigen Kind und Jugendlichen heranziehen.

 

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